Allerlei Wassergetier und Weihnachten am anderen Ende der Welt

Weihnachten am anderen Ende der Welt ist seltsam. Gut, Schnee gibt es daheim auch keinen, die Sonne brennt aber doch einen Spur wärmer und trotz buntem Lametta im Supermarkt und der offenbar unvermeidlichen Berieselung mit „Last Christmas“ und Co in Cafes und Geschäften passen Wahrnehmung und Datum einfach nicht zusammen. In Cape Foulwind an der Westküste der Südinsel, das wesentlich besser riecht, als der Name vermuten lässt, haben wir unser Möglichstes getan, um uns trotzdem (oder gerade deswegen) einen besonderen Weihnachtsabend zu machen. Hier ganz abseits der großen Ortschaften, wo es nur das Rauschen des Meeres, das Gezwitscher der Vögel und sonst nichts außer viel, viel Landschaft gibt, haben wir uns via Airbnb unser eigenes, spezielles Weihnachtsgeschenk gemacht: zwei Tage in einem Haus mit Blick auf’s Meer und – man gönnt sich ja sonst nichts – einem Whirlpool auf der Terrasse. Und ich kann sagen: nach einem herrlichen Steak mit einem Bierchen in der Hand im warmen Wasser suhlen hat zwar absolut nichts weihnachtliches, aber pfeif drauf: es ist schon sehr leiwand.

Aber der Reihe nach: von Kaikoura sind wir erst einmal in den Norden der Südinsel gefahren. Die erste Etappe war allerdings recht kurz, weil wir schon nach wenigen Kilometern am Straßenrand ein aus einem alten Wohnwagen gebautes Standl mit einem vielversprechenden Schild davor entdeckt haben: Crayfish – Flusskrebse. Von dieser Köstlichkeit haben wir schon einiges gehört, viele warten sehnsüchtig, dass die Saison, in der das Fangen der roten Krebse erlaubt ist, beginnt und ich kann gut nachvollziehen, warum das so ist: die Viecher schmecken einfach köstlich. Später habe ich noch erfahren, dass es in „Nin’s Bin“, so der Name unserer Entdeckung, angeblich den besten Crayfish überhaupt gibt. 

 
Viel weiter sind wir dann nicht gekommen – in Nin’s Bin erfuhren wir, dass wenige Kilometer weiter eine Seehund-Kolonie an der Straße ist. Mit diesen putzigen Gefährten hatten wir ja schon ein paar Begegnungen, ließen es uns aber nicht nehmen, abermals Halt zu machen und eine Weile die älteren Herren beim gemütlichen Relaxen am sonnenbeschienenen Felsen zu beobachten, umgeben von ebenso tiefentspannten Damen, die mit großer Geduld ihre Kleinsten davon abzuhalten versuchen, allzu früh in’s kühle Nass einzutauchen sowie ausgelassenen halbwüchsigen Rackern, die bereits alt genug waren, ohne Aufsicht im Wasser herumzutollen und zu rangeln. 

  

 
Letztlich konnten wir uns doch zur Weiterfahrt aufraffen und es ging weiter in Richtung Abel Tasman National Park. Ich weiß, das ist Jammern auf sehr hohem Niveau, aber dieser Reise ist nicht nur wunderschön sondern auch ganz schön anstrengend. So war es an der Zeit, ein paar Tage vom Gas zu gehen und ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Nach einem  zweitägigen Zwischenstopp am malerischen Lake Rotoiti fühlte ich mich grippig, müde, ausgelaugt und angeschlagen. Wir fanden ein nettes und ruhiges Quartier und blieben dort gleich vier Nächte. Es hat gut getan, einmal ein paar Tage ohne besonderes Programm herumzuknotzen, zu lesen und die Ruhe zu geniessen. Ein paar kleine Ausflüge, ein Spaziergang durch den wunderbaren Wald des Abel Tasman National Park, einfach am Strand sitzen und auf’s Meer schauen – das war genau die richtige Medizin, um die Lebensgeister wieder zu spüren.

 
Am 24. Dezember machten wir uns dann auf den Weg an die Westküste, um – wie schon erzählt – unsere speziellen Weihnachten zu verbringen. Es waren zwei angenehme Tage und es war sehr schön, wieder einmal mit den lieben Menschen auf der anderen Seite der großen, blauen Kugel in Kontakt zu sein, mit Familie und Freunden zu plaudern, Weihnachtsgrüße zu verschicken und zu bekommen und knapp vor der Halbzeit unserer Reise uns auch darauf zu freuen, euch alle wieder zu sehen.

Doch jetzt, in diesem Augenblick, umgeben von sanftem Meeresrauschen und Grillengezirpe, dem Vollmond über mir, der den sternenklaren Himmel ziert, erfüllt von einer großen Freude und Dankbarkeit, mich auf diese Reise gemacht zu haben, möchte ich nirgends anders sein.