Süße Früchte, luftige Zweiradfahrer, hungrige Luftkacker und eingekreiste Schnaufrüssel

Der Wind rauscht in den Palmen, ein leichter, warmer Sommerregen prasselt in die türkisblaue Lagune, irgendwo in der Ferne kräht ein Hahn. Es duftet nach Meer und den satten Blättern der exotischen Pflanzen, die rund um die Terrasse wachsen, auf der ich diese Zeilen schreibe. Wie jeden Tag des Jahres hat es etwa 25 Grad im Schatten, je nach Bewölkung oder Sonnenschein verändert sich die Wahrnehmung dieser Temperatur von angenehm kühl, wenn Wind und Wolken die südlichen Sonne verbergen, zu brütend heiß, wenn ihre Strahlen an klaren Tagen auf der Haut brennen wie Feuer.

Rarotonga, die Hauptinsel der Cook Islands, die für die letzten 10 Tage unser Zuhause war, ist sehr überschaubar. Es gibt eine Hauptstraße, die einmal um die Insel führt. 31 Kilometer lang, gesäumt von Kokospalmen, exotischen Sträuchern und Bäumen. Viele davon tragen die köstlichsten Früchte: Papayas, Passionsfrüchte, Avocados, Mangos, Drachenfrüchte und allerlei mehr. 

  
Das Verkehrsaufkommen ist ebenso überschaubar wie entspannt. Es gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, Mopeds, PKW, Hühner, streundende Hunde und der hiesige Linienbus teilen sich die Straße ohne Stress oder Hektik. Für Zweiräder, die nicht schneller als 40 km/h fahren, gibt es keine Helmpflicht. Kleinkinder werden kurzerhand mit einem Tuch um die Hüfte des Fahrers geschnallt. Zwei Buslinien führen um die Insel, eine im und eine gegen den Uhrzeigersinn. Um nicht den Überblick zu verlieren sind sie freundlicherweise auch beschriftet: „Clockwise“ und „Anti Clockwise“. Streckenweise gibt es, ein wenig landeinwärts, noch eine parallel zur Hauptstraße verlaufende alte Straße. Das Landesinnere selbst ist nicht befahrbar und nur an wenigen Stellen zu Fuß zu erreichen. 600 Meter hoch ragen die zackigen Gipfel des Vulkangebirges, von sattem grün bedeckt, in den Himmel.

Spannend finde ich, dass Verstorbene hier zum Teil auf einem der wenigen Friedhöfe bei einer der unglaublich zahlreichen Kirchen, die meisten aber direkt bei den Wohnhäusern im eigenen Garten begraben sind. Wie bei uns ein Swimmingpool oder eine Hollywoodschaukel ragen blankgeputzte und geschmückte Gräber wie selbstverständlich aus dem Grün des Rasens, daneben vielleicht der kleine Gemüsegarten oder die Spielecke für die Kinder. Das habe ich in der Form noch nirgends auf der Welt erlebt.

  
Über 95% der Bevölkerung sind Maori. Einst waren es drei Stämme, die sich hier auf engstem Raum bekriegt haben, über die Jahre dürften die Zwistigkeiten beigelegt worden sein, eine friedliche und entspannte Stimmung erfüllt die Insel. Fremden ist es nicht möglich, hier Land zu kaufen. Wer zum Beispiel ein Hotel eröffnen will, kann das dafür benötigte Land vom Staat für 50 Jahre leasen, dann ist Schluss. Das scheint der Insel gut zu tun. Die Hotels und Restaurants sind ebenso überschaubar wie die Insel selbst, riesige Hotelburgen gibt es hier nicht. Das zahlt sich offenbar nicht aus, wenn man das Land, auf dem sie gebaut sind, nicht besitzen darf.

Geduldete Mitbewohner der Menschen sind kleine, flinke Geckos, die vor allem in der Nacht zu sehen sind. Drinnen wie draußen klettern und kleben sie an Scheiben und Wänden herum. Abgesehen davon, dass sie offenbar große Freude daran haben, aus luftiger Höhe auf den Boden zu kacken, sind sie willkommene Gäste – zu ihren Leibspeisen zählen die lästigen und ebenfalls allgegenwärtigen Moskitos. Ein guter Deal, finde ich: die Geckos haben in der Nacht, vor Wind und Regen geschützt, ein Dach über dem Kopf, der Mensch räumt das eine oder andere Batzerl weg und hat dafür eine mückenfreie Nachtruhe.

  
Die Insel, die ein Vulkan vor langer Zeit ins Meer gespuckt hat, ist von einem Atoll umgeben. Türkisblau schimmernd liegt dadurch eine Lagune wie ein Kranz um das Festland, teilweise nur hüfttief und prall gefüllt mit Korallenriffen, um die sich zahllose Fische in allen möglichen Größen, Farben und Formen tümmeln. Darunter auch beinahe durchsichtig schimmernde und offenbar extrem neugierige Psycho-Fische, etwa 30 cm lang, die einen in kleinen Gruppen zu umkreisen beginnen, sobald man sich nicht bewegt. Kaum schwimmt man weiter verlieren sie auch schon wieder das Interesse an den Wesen mit den seltsamen Plastikaugen und dem schnaufenden Luftrüssel. 

  
Weit weg vom Strand, dort, wo das Atoll tief ins Meer abfällt, donnern gewaltige, meterhohe Wellen an den Rand der Lagune. Auch das ist für mich ein seltsames Bild, eine mächtige Brandung mitten im Meer. 

  
In diesem kleinen Paradies ist nun unsere Reise fast zu Ende. Morgen früh geht der Flieger nach Auckland, wo wir noch eine letzte Nacht verbringen, bevor wir übermorgen die Heimreise antreten. Über Melbourne und Dubai, 30 Stunden insgesamt, dann tauchen wir wieder ein in die altbekannte und – von hier betrachtet – so andere Welt unseres Alltags.

Wenn auch ein bisschen Wehmut mitschwingt, dass diese Reise zu Ende geht, so fühlt es sich doch gut und richtig an, wieder nach Hause zu kommen. Viele Bilder, Erinnerungen, Geschichten nehme ich mit von diesem Abenteuer. Und doch gab es keinen Platz auf der Welt, wo ich lieber leben wollen würde, als dort, wo ich lebe. Meine Familie, meine Freunde, ich würde sie nicht missen wollen. So schön mancher Ort war, den ich gesehen habe, immer wieder konnte ich mir die Frage „Könntest du dir vorstellen, hier zu leben“ mit einem klaren „Nein“ beantworten. So glücklich und dankbar ich bin, dass ich all das erleben durfte, jetzt freue ich mich schon auf daheim.

Bis bald…