Nach zwei Nächten in Cape Otway hieß es Abschied nehmen von den pelzigen Eukalyptusmampfern und den summenden Quälgeistern und wir machten uns auf den Weg nach Melbourne, wo am Abend die Nachtfähre nach Tasmanien auf uns wartete. Der Weg dahin ist jedenfalls auch eine Erwähnung wert: die Great Ocean Road, die ihren Namen zu Recht trägt. eine großartige Strecke, die – wenig überraschend – am Meer entlang führt. Ein paar Stops mit wunderbaren Ausblicken auf die Küste, ein paar Kaffeepausen und eine Jause am Hafen von Geelong (inklusive Van-Gurk-Schönheitskur) später waren wir auch schon in Melbourne
Gut, das klingt jetzt, als wäre das nur ein kleiner Hupfer gewesen. Immer wieder bin ich erstaunt, wie groß die Distanzen hier sind. Nur ein paar Zentimeter auf der Karte bedeuten schnell einmal einzwei Stunden Fahrt.
In Melbourne kamen wir letztlich erst am späten Nachmittag an und somit ging es gleich in Richtung Hafen. Nach Tasmanien darf man keine Früchte oder Gemüse aus Australien mitnehmen, um Schädlinge vom „Mainland“ nach „Tassie“, wie die Insel von den Einheimischen liebevoll genannt wird, einzuschleppen. Also futterten wir noch Obst und Gemüse bis zum Abwinken, der Rest musste dann in die gelbe Tonne bei der Quarantäne-Station.
Das ist übrigens sehr befremdlich für mich: wir sind jetzt elf Tage hier und außer einem eher versteckten Hilfszentrum für Familien der Aborigines in Adelaide und einem beeindruckenden Felsen mit tausende Jahre alten Zeichnungen (siehe Foto unten) der hiesigen Ureinwohner, der gar nicht so leicht zu finden war, gibt es keinerlei Spuren der Aborigines. Ich habe bislang keine Hinweistafel, kein Denkmal, nichts gesehen, das irgendwie daran erinnert, wer ursprünglich hier gelebt hat und von den Einwanderern kaltblütig abgeschlachtet, enteignet und beinahe ausgerottet wurde. Wüsste ich es nicht, ich würde denken, dass es vor der Besiedlung durch die zugereiste Bevölkerung hier keine Menschen gegeben hätte.
Seit drei Tagen sind wir jetzt in Burnie im Norden von Tasmanien. Wenn man glauben würde, dass nach den vielen verschiedenen Landschaften und Eindrücken der ersten Woche nichts mehr überraschen kann, dann hat man sich bei Tasmanien getäuscht: hier ist wiederum alles anders. Und alles ein wenig entspannter. Waren es im Australischen „Mainland“ die fitnessbegeisterten Aussies so sind es hier nach der elfstündigen Überfahrt die gemütlichen Tassies, die offenbar etwas weniger ehrgeizig unterwegs sind. Bis jetzt ist mir hier kein Jogger untergekommen, nicht einmal ein Radfahrer. Dafür noch einmal ein Äutzerl mehr der offenen freundlichen Art. Sei es der Betrunkene, der in der Nacht vor dem Motelzimmer noch ein Plauscherl mit uns beginnt, sei es die Dame an der Kassa, die seelenruhig mit mir weiterplaudert, obwohl längst die Einkaufstasche eingeräumt und bezahlt ist – für ein Tratscherl ist hier immer Zeit und Ruhe.

